Dienstag, 30. Juni 2009

Von der Faszination langer Slacklines

Eines der inspirierendsten Slackline-Videos für mich war der Film zu Damian Cookseys erstem Longline-Rekord 2007 in Warschau. Vor einem Jahr, als blutiger Anfänger, war das für mich der Stoff, aus dem die Slackline-Träume sind. Aus damaliger Sicht erschien es mir unmöglich, jemals solche langen Leinen zu gehen, denn dafür ist ein absolut ruhiger Laufstil und die totale Kontrolle über die Leine nötig. Für mich, der ich damals hart daran arbeitete, über meine 25m-Slackline auf voller Länge zu kommen und mich riesig freute, als ich es zum ersten Mal armerudernd schaffte, völlige Utopie. Aber man braucht ja was zum Träumen.



Als wir uns im Spätsommer mit dem ersten Equipment für längere Leinen eindeckten und uns mit einer Menge an Band versorgten, die nach oben alles offen ließ, verschob sich die Perspektive etwas. Das Longline-Gehen faszinierte mich ungemein. Die lange Zeit, die man in einem Fluss auf der Leine verbrachte, in voller Konzentration, versunken in einer anderen Welt. Es war und ist für mich real erlebte Surrealität. Und natürlich will man die eigenen Grenzen immer weiter hinausschieben.

Die anfängliche Euphorie bekam für mich erstmal einen kräftigen Dämpfer. Bei einem der ersten Versuche auf einer 60m-Leine kippte ich beim Sitzstart so ungünstig ab, daß ich die Leine nicht festhalten konnte und mit der Hüfte zuerst auf den Boden schlug. Eine schmerzhafte Muskelprellung war die Folge. Die Vorteile des Chongostarts hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkannt.
Eigentlich war an Slacklinen erstmal nicht zu denken, denn jede verdrehende oder beugende Bewegung in der Hüfte tat heftig weh.
Trotzdem quälte ich mich zwei Tage später unter Schmerzen erfolgreich über die 60m-Leine. Ich konnte mir keine Hose schmerzfrei anziehen (ein Zustand, der noch zwei Wochen anhalten sollte), aber Longlinen mußte gehen ... das Virus hatte mich entgültig infiziert.

Bis in den Herbst schoben Sebastian und ich unser persönliches Limit bis auf 75 Meter. Es war ein herrliches Gefühl, über die goldenen Blätter zu schweben. Danach klopfte der November an die Haustür. Über zwei Monate war nur noch Schlammwetter angesagt und man verirrte sich kaum noch mit der Slackline in den Park.
Die Faszination schwand jedoch nicht - zu Weihnachten wurde der Ausrüstungshaufen kräftig aufgestockt. Wir leisteten uns jeweils ein Paar richtig gute kugelgelagerte Doppelrollen und die quietschenden schleifgelagerten Camp-Rollen wurden in den Schrank verbannt.

Frisch motiviert durch das neue Equipment geht es dieses Jahr also in die Vollen. Angespornt durch die ersten Erfolge jenseits der magischen 100m-Grenze in den letzten Monaten rückte der Traum des ersten Cooksey'schen Longline-Rekords nun in greifbare Nähe.
Nachdem ich mit Moritz bei viel Wind das Longline-Verhalten über 115 Meter evaluiert hatte, wollte ich es am vorvergangenen Mittwoch versuchen. Bei wunderschönem Sonnenschein und einem weitestgehend menschenleeren Alaunpark spannte ich wieder gemeinsam mit Moritz eine Longline, die mir nach Schrittmaß lang genug erschien. Obwohl ich mir am Wochenende zuvor eine Erkältung zugezogen hatte, konnte ich die Leine ziemlich lässig jeweils in beide Richtungen durchgehen.
Es fühlte sich einfach wunderbar an, keine ernsthaften Schwierigkeiten, weitestgehend völlig entspanntes Gehen. Kein Kampf, wie noch am Donnerstag zuvor - die Wetterbedingungen waren einfach perfekt.
Nochmaliges genaues Nachmessen ergab dann leider, daß die Leine nur 120m lang war ... knapp unterboten. ;-)

Also mußte ich letztes Wochenende noch mal ran. Beim Abgehen der verschiedenen Baumkombinationen für die 120m hatte ich eine 130m-Möglichkeit entdeckt, an die ich mich nur noch nicht rangetraut hatte. Genaues Nachmessen mit Sebastians neuem Spielzeug (einem GPS-Gerät) bestätigten mir die 130m. Also wurde die Leine am letzten Sonnabend bei schwühl-feuchtem Wetter aufgebaut.
Leider hatte ich beim ersten Mal den Flaschenzug etwas knapp bemessen. Die Fußfreiheit betrug in der Mitte nur noch wenige Zentimeter über der Grasnarbe, so daß die ersten Versuche, die Leine zu gehen, immer genau dort endeten. Also nochmal neu gespannt. Beim zweiten Mal waren die Parameter perfekt, zwischen 30-40 cm Bodenfreiheit in der Mitte, ungefähr 2m Durchhang.


Auf der frischgespannten Leine klappte gleich der erste Versuch, auch der Rückweg war kein Problem. Für die Fotos konnte ich sie sogar noch ein drittes Mal durchgehen.


Danke an Sebastian und Moritz für die Bilder und unbekannterweise an den Bäcker und den Physikstudenten für die Hilfe beim Aufbau! :-)

Dienstag, 16. Juni 2009

Stormy Longline

Am vergangenen Donnerstag ging es ziemlich stürmisch zu. Immer wieder fegten heftige Windböhen über die Wiese im Alaunpark. Das Vorhaben, bei diesem Wetter eine Longline zu spannen, erschien mir reichlich verrückt. Andererseits: wann, wenn nicht bei solchem Wetter, hat man mal so viel Platz hier?
Moritz zerstreute meine Bedenken mit stürmischem Tatendrang und so machten wir uns an den Aufbau. Als die Leine schon fast fertig gespannt war, frischte der Wind nochmal merklich auf und die Leine schwang unter ohrenbetäubendem Lärm hin und her, so daß mir erneut Zweifel an der Sinnhaftigkeit unseres Vorhabens kamen. Aber wir wollten das jetzt durchziehen.

Nachdem die Leine stand, machte ich erstmal eine kleine Sitzprobe in der Mitte, wobei der Wind heftig an der Leine rüttelte. Aber wird schon gehen ...
Der erste Versuch endete nach einem reichlichen Drittel. Es ließ es sich aber leichter laufen als gedacht, trotz Wind.

Nun war Moritz an der Reihe, Longline-Luft jenseits der 100m-Marke zu schnuppern. Der Respekt vor dem wackeligen Kraftpaket war groß, so daß er nach ein paar Versuchen abbrach und beschloss, erstmal die 85m aufzubauen. Nun wollte ich es nochmal wissen. Es erschien mir eine halbe Ewigkeit und auf dem letzten Drittel wurde ich ordentlich vom Wind durchgeschüttelt, doch es gelang mir diesmal, der Leine einen erfolgreichen Gang abzuringen.

Der Rückweg gestaltete sich schwieriger. Entweder war mir der Wind nicht mehr wohlgesonnen, oder es ist deutlich schwerer, eine Longline mit dem Wind als gegen den Wind zu gehen (was meine persönliche Theorie ist). Nach mehreren Fehlversuchen, die irgendwo in der Mitte endeten, kam ich nochmal über die 100m-Marke hinaus, wurde aber prompt wenige Meter vor dem Ende von einer Windböhe von der Leine gepflückt.

Auch Moritz war auf seinen 85m gut unterwegs und hätte sie an diesem Abend fast geschafft - konnte einen erfolgreichen Lauf aber am nächsten Abend bei etwas weniger Wind nachholen. Gratulation!

Parameter:
Leine 1 116m, ca. 2m Durchhang
Leine 2 85m, ca. 1,80m Durchhang


Mittwoch, 10. Juni 2009

Rückblick: Iceline

Heute möchte ich von einem Slackline-Erlebnis aus dem letzten Winter berichten: Ein Waterline-Abenteuer der besonderen Art.

Der kleine Stausee in der Heide eignet sich wunderbar für Wasserleinen. Beim Landcruising-Waterline-Treffen im Sommer 2008 hatten wir den Spot kennengelernt. Nach längerem Rumprobieren gelang mir die 26m lange Leine zur Insel. Sebastian hatte weniger Glück, so daß wir eine Woche wieder zum Spot fuhren. Sebastians Versuche waren deutlich besser, leider reichte es an diesem Tag trotzdem nicht ganz, bei seinem weitesten Versuch am schon fortgeschrittenen Abend plumpste er anderthalb Meter vor dem Ende ins Wasser - schade.

Nun, kommt Zeit, kommt Waterline. Dank deutlich hochgeschraubten Slackline-Können - wir hatten inzwischen auf bis zu 70m langen Longlines fleißig geübt und auch der Gear-Stack war deutlich umfangreicher geworden - wollten wir es am Zweiten Advent 2008 nochmal wissen und Sebastians Waterline-Sack endlich abhängen. Mit vollgepackten Rädern ging es in die winterliche Heide. Der See sah aus wie zugefrohren, allerdings war es nur eine dünne Schicht aus Schneematsch, die die Wasseroberfläche bedeckte.

Nachdem wir uns mit Keksen und heißem Tee gestärkt hatten, spannten wir uns erstmal eine kleine, aber schöne Trickline zum Einslacken im Wald.

Nun war es an der Zeit, das Abenteuer zu beginnen, also warfen wir uns in Schale. Mir fiel die undankbare Aufgabe zu, zur Insel zu schwimmen, um die Slackline dort festzumachen. Abgehärtet durch's Weihnachtstauchen stieg ich furchtlos in die Fluten. Auf dem Rücken ohne Flossen richtung Insel zu schwimmen, dabei Leine, Slackdog, Rundschlinge, Schäkel und Baumschoner über Wasser zu halten war dann aber doch nicht so einfach. Gleich zu Beginn sackte ich etwas mit dem Kopf nach unten und bekam einen ordentlichen Schwall aus Eiswasser und Schneematsch ins Gesicht. Auf dem Weg nach drüben staute sich der auf dem Wasser liegende Schnee zu einem dicken Klumpen in meinem Nacken an, was ziemlich unangenehm und kalt war.

Trotzdem war die Waterline diesmal wesentlich schneller aufgebaut, als im Sommer und so machte ich mich auf der Leine wieder auf den Rückweg. Sebastian hatte die Leine allein allerdings nicht straff genug gespannt bekommen, so daß aus dem Jesus-Walk eher ein Jesus-Wade wurde.

Wieder am Festland angekommen, war von Kälte jedoch keine Spur mehr. Das Wasser im Anzug hatte inzwischen Badewannentemperatur angenommen und auch sonst war mir beim Lauf über die Leine ordentlich warm geworden - Arme hochhalten in 7mm Neopren ist ordentlich anstrengend. Wir spannten die Leine noch etwas nach, dann war Sebastian an der Reihe. Souverän schritt er über den See und langte trocken auf der Insel an.

Für den Rückweg wollte er es dann mal mit einem Sitzstart probieren, welcher sich im dicken Neoprenanzug als deutlich schwieriger herausstellte. Also machte auch Sebastian Bekanntschaft mit dem Eiswasser. ;-) Nach ein paar Versuchen schaffte er auch den Rückweg.
Nun wollte ich nochmal versuchen, diesmal mit den Füßen über der Wasseroberfläche. Auch am Sitzstart probierte ich mich, es gelang mir sogar einmal in der Mitte der Leine. Es ist im Neopren aber wirklich bockeschwer und superanstrengend. Auch Surfen funktionierte, wenn auch nicht immer ganz sturzfrei.

Die ganze Aktion war ordentlich schweiß- und pulstreibend, auch wenn der Anblick des zugeschneiten Sees etwas anderes suggeriert. Die Anzüge sind dafür ausgelegt, daß man sich auch im Winter bei einer Stunde Tauchen in hiesigen Gewässern nicht den Arsch abfriert. Allerdings bewegt man sich beim Tauchen so gut wie gar nicht und hat die ganze Zeit kaltes Wasser um sich herum. Beim Waterlinen ist man die meiste Zeit über der Wasseroberfläche, ständig in Bewegung, der Anzug ist winddicht, das Wasser darin warm - und dem Slackliner darin noch wärmer. In der typischen Slackline-Haltung zieht das Neopren die Arme die ganze Zeit ordentlich nach unten, ab der Hälfte der Leine will man sie eigentlich gar nicht mehr hochheben. Zwischendurch war mir so warm geworden, daß ich mich 'ne Runde auf den See legen mußte, um erstmal wieder ein bißchen kaltes Wasser in den Anzug sickern zu lassen.

Alles in allem war es eine wunderbare Übung, auch unter erschwerten Bedingungen mit erhöhtem Puls auf der Slackline schön ruhig zu bleiben. Zudem war es ein Riesengaudi, wir hatten an diesem Nachmittag ordentlich Spaß.

Dienstag, 9. Juni 2009

Rainy Midline

Der Wald nördlich von Rossendorf bei Dresden birgt ein ziemlich interessantes Gelände. Wie ein Burggraben zieht sich Wasser entlang eines von Bäumen überwachsenen Walls. Dahinter finden sich immer wieder Trichter, die von Wällen umgeben sind, verbunden durch niedrige Tunnel. Das Ganze hat etwas surreales, ja, verwunschenes an sich. Das Gelände gehört zu einer ehemaligen Dynamitfabrik. Nur inzwischen mit Moos überzogene Schilder ("Nicht rauchen", "Explosionsgefahr") zeugen noch vom Ursprung des Gebäudes, was sich wenige Meter weiter im Wald findet.
Die Trichter eignen sich jedoch perfekt zum Spannen von Midlines. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an Damian und Stefan für den Tipp.

Vor einigen Wochen waren Sebastian und ich schon einmal dort hingefahren und konnten im tiefesten Trichter eine ca. 12m lange und 5m hohe Midline spannen. Trotz der permanenten Bedrängung durch die dort reichlich vorhandenen Mücken gelangen mir einige Begehungen und auch das Fangtraining kam nicht zu kurz.

Sonntag vor einer Woche sind wir erneut am halben Nachmittag rausgefahren, da das Wetter stabil zu bleiben versprach. Ziel war diesmal den Trichter von seinem obersten Rand aus zu überspannen.
Durch die Regenfälle der vergangenen Tage war es deutlich kühler geworden und die Mücken schienen auf Standby gegangen zu sein.
Wärend des Aufbaus war nun doch aus der Ferne leises Donnergrummeln zu vernehmen, auch der Himmel verfinsterte sich etwas. Und als die Leine nach einer knappen Stunde Arbeit stand, fing es tatsächlich an zu regnen. Da die dichtbelaubten Bäume den Regen kaum bis auf den Waldboden durchdringen ließen, startete ich trotzdem meine ersten Versuche.
Die fast 25m lange und 10m hohe Leine nötigte mir allerdings einigen Respekt ab, so daß ich mich erstmal ein wenig eingruseln mußte - erstklassiges Fangtrainig! :-) Durch das hundertprozentige Fangen der Leine stellte sich aber das nötige Vertrauen ein, so daß ich alsbald auf der anderen Seite anlangte. Richtig zufrieden war ich mit meiner Leistung jedoch noch nicht, da ich mich durch das Fangen der Leine immer weiter nach vorn gemogelt hatte und effektiv nur drei Viertel der laufbaren Länge gegangen war.
Also nach kurzer Stärkungspause den nächsten Versuch gewagt. Und es gelang - etwas zittrig zwar - auf Anhieb. Da die Sonne fast untergegangen war und es im Wald schon ziemlich dämmrig wurde, stieg ich gleich wieder auf die Leine, um mir noch den "Full Man" zu holen. Und siehe da: Dank großer roter Lastöse als Fixpunkt gelang auch dies gleich im ersten Versuch. Das Gewitter hatte sich inzwischen verzogen, aber es bewahrheitete sich trotzdem das Sprichwort: "Unter den Bäumen regnet es zweimal."

Vielen Dank nochmal an Sebastian für die tatkräftige Unterstützung!

Mittwoch, 3. Juni 2009

Slackline-Spots in der Dresdner Umgebung: Blüherpark

Dresden ist eine sehr grüne Stadt, man sagt, eine der grünsten Großstädte Europas. Und wie sich das für eine grüne Stadt gehört, gibt es hier natürlich sehr viele Parks und damit auch eine Menge schöner (potentieller) Ecken zum Slacklinen (und eben nicht nur den Alaunpark ;-) ).

Ein paar davon möchte ich gern hier im Blog vorstellen. Anfangen möchte ich mit einem meiner liebsten Slackline-Spots, dem Blüherpark.

Seit wir bei unseren ersten Slackline-Versuchen vor 15 Monaten mehrmals aus dem Großen Garten vertrieben wurden und uns die Parkwächter sogar auf den Blüherpark hinwiesen - "Der ist städtisch, dafür sind wir nicht zuständig." - sind wir eigentlich fast nur noch hierher gegangen.

Und es ist tatsächlich ein sehr schöner Park. Gelegen zwischen der Bürgerwiese und dem Hygienemuseum gibt es hier große Ahornbäume, Kastanien, Linden und Buchen inmitten saftig-grüner Wiesen. Vom Straßenlärm ist man hier in alle Richtungen abgeschirmt, nur der Baustellenlärm des Dynamo-Stadions kann derzeit etwas nerven. Aber irgendwann sind die dort ja auch mal fertig. ;-)

Wärend es für kurze Leinen ein paar gute Möglichkeiten mit besonders weicher Wiese drunter gibt, haben die langen Leinen hier vor allem den Reiz, daß man unter den großen Bäumen entlangschwebt und man einige Abwechslung im Lichtspiel und auch im Untergrund auf dem Weg zur andere Seite genießt. Gerade wenn man aus der Sonne unter die großen Baumkronen gelangt, scheint sich der Raum noch einmal zu weiten, ein wunderschönes Gefühl.
Im Frühjahr kann man dabei das zartgrüne Lichtspiel genießen, wenn die Sonne ihre wärmenden Strahlen durch die noch jungen Blätter wirft, im Sommer spenden die alten Baumriesen angenehm kühlen Schatten und im Herbst wandelt man über einem goldenen Teppich von Ahorn- und Buchenblätter.
Nur im Winter ist es hier ziemlich schlammig, da der Park etwas in einer Senke liegt. Da hilft eigentlich nur das Warten auf Bodenfrost oder nicht absteigen von der Leine - sonst kommt man aus dem Füße-Abstreichen nicht mehr raus (zwei große Scheuerlappen als Fußabtreter gehören im Winter zur Grundausstattung ;-) ). Schön ist es allerdings, wie im letzten Winter einmal erlebt, bei Schnee. Wenn im Kontrast zum gleißenden Weiß die kahlen Bäume wie schwarze Scherenschnitte in den Himmel ragen und die tiefstehende Sonne lange Schatten wirft - oder in der Dämmerung es nie richtig dunkel wird und der Vollmond wie eine große Laterne in den Baumkronen hängt.

Leinen kann man hier quasi in beliebigen Längen spannen. Von 10 Metern bis 100 Meter geht alles und auch die Longline-Spots sind eigentlich nie durch auf der Wiese liegende Leute blockiert.
Ratsam ist es allerdings, 3m-Rundschlingen zu besitzen, da man mit 2 Metern um viele Bäume nicht herumkommt.
Im Vergleich zum Großen Garten oder Alaunpark ist es hier auch an schönen Tagen verhältnismäßig ruhig. Man sollte sich nur nicht gerade den Tag aussuchen, an dem Dynamo Dresden spielt, dann ist's nämlich vorbei mit der Ruhe. Eine Falle, in die ich doch des öfteren getappt bin.
Aber für diese Tage gibt es andere Spots in Dresden, denen ich mich in einigen der folgenden Blogposts widmen werde.


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Highlinen über'm Dürrebielegrund

Um den Blog ein bißchen mit Leben zu füllen, möchte ich gleich mal von unserer ersten Highline-Aktion vor einem Monat berichten.

Am letzten April-Sonntag war es soweit: Die Slackline-Form war nach dem Winter wieder soweit aufgebaut, das Leinefangen einigermaßen geübt.

Dirk hatte sich bereiterklärt, uns (Sebastian und mir) beim Aufbau der Highline zu helfen, Iris übernahm bereitwillig die Aufgabe, das Unternehmen fotografisch festzuhalten und Claudi hatte mit einer großen Tüte frischgebackener Muffins das leibliche Wohl sichergestellt.
Sogar mein genau eine Woche zuvor frisch ersteigertes Haulbag war noch rechtzeitig angekommen, so daß sich die Ausrüstung ganz gut verstauen ließ. Die Rucksäcke waren trotzdem brechend schwer.
Das Wetter war sonnig, allein der frische Wind ließ uns ein wenig daran zweifeln, ob heute der geeignete Tag für die erste Highline war.

Den guten Spot, den Stefan dankenswerterweise auf Slackfest gepostet hat, haben wir fast auf Anhieb gefunden. Da ich noch keine richtige Erfahrung im Highline-Gehen hatte, erschien mir allerdings die schräge Variante von Baum zu Baum, wie sie Stefan und Crew damals gespannt hatten, ein wenig zu lang. Wir entschieden uns für eine kürzere, aber durchaus ausgesetztere Variante.

Dirk als bestem Werfer unter uns (bzw. dem einzigen von uns, der überhaupt vernünftig werfen kann ;-) ) fiel die Aufgabe zu, die Wurfleine von einer Seite zur anderen zu befördern. Dabei verschätzten wir uns allerdings ein bißchen in der Breite des Abgrunds, so daß die Leine nicht lang genug abgebunden war und kurz vor der Felskante die Reise zurück auf die andere Seite antrat - und sich dabei dummerweise in einer Spalte verklemmte. Nach einer kleinen Berge-Aktion haben wir sie aber doch noch erfolgreich auf die andere Seite gebracht, der eigentliche Highline-Aufbau konnte beginnen.

Nach ca. 3 Stunden Arbeit stand die Leine. Der Wind hatte glücklicherweise auch etwas nachgelassen - dafür war aber auch die Sonne etwas hinter den Wolken verschwunden. Wärend ich mich seelisch und moralisch auf das Drüberlaufen einstellte, probierten Dirk und Sebastian das "Seilbahnfahren" an der Leine aus und stellten zu ihrer Verwunderung fest, daß es sich deutlich weniger spektakulär anfühlt, als es vorher bei mir aussah, als ich die Leine getaped habe. Und ich wiederum stellte fest, daß es deutlich spektakulärer aussieht, als es sich anfühlt.
Nunja, ich wollte ja auch nicht Seilbahn-fahren, sondern drüberlaufen. Und das fühlte sich in der Tat ziemlich gruselig an. Die Variante, direkt vom Ende loszugehen verwarf ich nach kurzem Herumprobieren in gutem Abstiegsgelände. Die Gefahr, nach den ersten zwei Schritten zu fallen und mir dabei am Felsen die Rübe einzuhauen, war mir viel zu groß und ließ mich auch mental nicht locker werden.

Aufgrund des rauschenden Windes grub ich dann doch nochmal im Rucksack nach meinem MP3-Player, legte Musik ein, die ich in letzter Zeit viel auf der Longline gehört hatte, rutschte im Sitzen ein wenig auf der Leine hinaus und konnte mich nun tatsächlich mental auf's Slacken einstellen. So konnte es gehen!
Zur letzten Vorbereitung dann doch nochmal runter, einen Schluck aus der Pulle, Musik zurückgespult und wieder rauf. Ja, so geht es! Die Musik half mir, mich in diesen mentalen Rauschzustand zu versetzen, wie ich ihn in letzter Zeit oft auf der Longline genossen hatte. Volle Konzentration auf den Moment, totale Entspannung, es gibt nur die Leine und mich.

Chongostart ... Umschwung. Der erste Startversuch war zu halbherzig, doch der zweite funktionierte. Mit flauem Gefühl im Magen, aber zielstrebig ging es nach drüben. Ca. 3 Meter vor dem Ende war mir klar, daß ich nun nicht mehr runterfallen würde, ich wurde plötzlich unglaublich ruhig und der Körper begann einen Endorphincocktail auszuschütten ... ein gewaltiges Gefühl. Das Ganze hatte insgesamt nur einen Moment gedauert. 12 Meter sind halt keine besonders lange Slackline.
Durch das gestiegene Selbstvertrauen gelang mir der Rückweg gleich auf Anhieb. Um mir das gute Gefühl nicht zu versauen, entschied ich mich, keine weiteren Versuche zu unternehmen.

Sebastian hatte vor der Leine gewaltigen Respekt. Und so war seine Entscheidung vernünftig, keinen ernsthaften Versuch zu riskieren.
Diese Highline soll nur der Anfang sein - ich bin gespannt, was uns in Zukunft an Projekten gelingen wird. An dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön an alle Beteiligten. Fürs Dabeisein, die Hilfe beim Aufbau, die mentale Unterstützung und dafür, daß ihr euch den Arsch für mich abgefroren habt, wärend der langwierigen Vor- und Nachbereitungen.

Parameter der Leine: ca 12m lang, ca. 30m über dem Boden

Willkommen im Line-Log!

Nun hab ich es also getan - ich bin unter die bloggenden Slackliner gegangen. In Zukunft möchte ich hier in unregelmäßigen Abständen Texte und Bilder zu unserem schönen Sport veröffentlichen. Berichte von Slackline-Unternehmungen, Beschreibungen von schönen Spots, vielleicht auch den einen oder anderen Gedanken zur Technik und was mir sonst noch so in den Sinn kommt, soll in Zukunft hier zu finden sein.

Natürlich freue ich mich über jeden Kommentar, sei er kritischer oder anerkennender Natur. In diesem Sinne, viel Spaß beim Lesen und kommentieren!