Mittwoch, 14. April 2010

Sinfonie der Luft - Highline am Pfaffenstein

Läuft man den Weg von Pfaffendorf zum Nadelöhr, so blickt man direkt in die majestätischen Talseiten von Nordturm und Glattem Turm. Eine Highline zwischen diesen beiden Gipfeln - das war mein Traumprojekt, noch bevor ich überhaupt mit dem Highlinen anfing. Immer wenn wir in den letzten zwei Jahren am Pfaffenstein klettern waren, hielt ich beim Anblick dieser zwei Türme inne und stellte mir vor, wie es wäre, über diesen hohen Wänden auf einer Slackline zu gehen.

Beim Klettern der Talseite am Nordturm im letzten Sommer konnte ich mich von der grundsätzlichen Realisierbarkeit des Projektes überzeugen und auch schonmal etwas Höhenluft schnuppern - verdammt, ist das ausgesetzt! Auf dem Gipfel fand sich dann ein perfekter Fixpunkt - der große Gipfelblock läßt sich wunderbar abbinden. Ein großes Fragezeichen blieben jedoch die Verhältnisse am Glatten Turm.

Letzte Woche war es nun endlich soweit und bei traumhaften Wetter wollten wir die Highline realisieren.

Dankenswerterweise ließ sich mein kleiner Bruder überreden, mit mir am Dienstag rauszufahren, um die Fixpunktmöglichkeiten, vor allem am Glatten Turm, im Detail auszuchecken. Die Wege auf den Gipfel sind allesamt klassisch, der leichteste Weg eine in der Schlüsselstelle dürftig bis ungesicherte VI - allerdings mit einer schönen (und an der Schüsselstelle wiederum gut gesicherten) VIIa-Ausstiegsvariante, über die auch wir auf den Gipfel gelangten. Oben wurden wir sogar noch mit einer Jahresersten belohnt.

Als wir am Mittwoch in die Sächsische Schweiz fuhren, war Moritz' kleines Auto zum Platzen voll. 4 Leute (Moritz, Uwe, Stefan und ich) sowie zwei Haulbags und drei Rucksäcke sorgten für eine kuschlige Atmosphäre. Am Fuße des Pfaffensteins trafen wir uns mit Claudius und Sebastian, die mit dem Zug gekommen waren. Wie eine Gruppe nepalesischer Sherpas stapften wir, vollbeladen mit Highline-, Kletter- und Fotoausrüstung, im Gänsemarsch das Nadelöhr hinauf.

Oben angekommen, diskutierten wir erst einmal den Aufbau. Der Gipfel des Glatten Turms bietet die Möglichkeit, eine Rundschlinge um eine große Platte zu legen und auch Möglichkeiten, diese an kritischen Stellen gegen Hochrutschen zu hintersichern. Allerdings ist der Höhenunterschied zwischen den Gipfeln doch recht groß, was uns etwas Kopfzerbrechen bereitete. Stefan hatte die Idee, den Fixpunkt über einen Ring im Westriß nach unten zu ziehen, so daß er nach dem Spannen der Leine vertikal fest verankert sein sollte.

Diesen Plan galt es nun in die Tat umzusetzen. Gemeinsam mit Moritz kletterte ich auf den Glatten Turm. Oben richteten wir eine Seilbahn zum Massiv ein, um das Material auf den Gipfel zu bekommen. Wärend wir nun den Glatten Turm mit unserer Fixpunktkonstruktion einwoben, kümmerte sich Stefan um den Fixpunkt am Nordturm. Dieser war, wie erwartet, wesentlich einfacher zu realisieren, weshalb er deutlich eher fertig war. Das Abspannen unseres Fixpunktes nach unten erwies sich zwar als aufwendig, aber äußerst praktikabel - der Höhenunterschied war nahezu ausnivelliert und wir hatten einen klar definierten Loslaufpunkt aus der Nische des Westrisses heraus.



Es war Abend geworden, als die Highline endlich fertig war und nun hieß es für mich Runterkommen vom Aufbaustress und seelisch und moralisch auf die Begehung vorbereiten. Nach etwas zaghaftem Eingruseln konnte ich, eingetaucht in ein herrliches Abendlicht, die Leine gehen. Der Rückweg gelang mir dann gleich auf Anhieb, obwohl diese Richtung deutlich ausgesetzter ist und trotz (oder vielleicht gerade wegen) des Gegenlichts. Ist das Vertrauen erst einmal da, wird es schlagartig einfacher.
Nun war Stefan an der Reihe, dem die Begehung in beide Richtungen auf Anhieb gelang.

Danach gruselten Uwe und Sebastian sich hängenderweise über den Abgrund.

Wir nannten die Highline "Sinfonie der Luft". Einerseits wegen der schönen Abendstimmung, andererseits auch in Anlehnung an die beiden arnoldschen "Sinfonien" am Nordturm.

Nachdem ich ein zweites Mal hin und zurückgegangen war, zwang uns die untergehende Sonne leider zum Abbau. Wärend die anderen über das Nadelöhr abstiegen, beschlossen Uwe und ich mit der ganzen Highlineausrüstung über die Talseite abzuseilen. Das Abseilen im Dunkeln mit Rucksack auf dem Rücken und schwerem Haulbag am Gurt hatte einen Hauch von Bigwall-Abenteuer. Dummerweise hatten wir nur eine Lampe und ich hatte übersehen, daß es zwei Abseillängen sind. Respekt an Uwe, der trotz Dunkelheit ohne eigene Lampe den Doppelring mitten in der Wand fand.
Zurück am Parkplatz, waren wir noch ca. eine halbe Stunde damit beschäftigt, unsere Material wieder auseinanderzuklamüsern.

An dieser Stelle sei allen Beteiligten noch einmal herzlich gedankt. Für die Hilfe beim Aufbau und für die vielen schönen Fotos. Und natürlich allgemein für die Begeisterung für das Projekt und die Unterstützung bei der Umsetzung.
Mehr Bilder gibt es im Landcruising-Blog und hoffentlich bald auch auf www.uwedaniel.de

Nochmal kurz die Highline-Beta:

"Sinfonie der Luft"

Länge: ca. 20m
Höhe: Exponiertheit talseitig ca. 70m bis zum Waldboden, zum Massiv hin ca. 15m bis zum nächsten Absatz

Fixpunkt Nordturm:
- Fels
- große Rundschlinge um Gipfelblock, Backup ebenfalls

Fixpunkt Glatter Turm:
- Fels
- große Grundschlinge um Gipfelschuppe, hintersichert über Ring in der Südseite
- exakte Positionierung und Fixierung des Anschlagpunkts der Leine über Ring im Westriß
- keine Belastung der Ringe im Hauptlastpfad
- Abseilöse als (unbelastetes) Backup.

3 Kommentare:

  1. I saw whole blog and it's a lot of knowledge about slackline systems etc that I could use for sure but its really difficult or sometimes impossible to understand what you meant even using google translate.

    AntwortenLöschen
  2. Why it's not in english? Because it had cost me thrice of the time to write it - my english is not the best. ;)

    The slackline knowlege will be restructured, complemented and enhanced and we will publish it in english and german on www.landcruising-slacklines.de in the future. It's just a matter of time, because it's a lot of work to rewrite and translate the articles, make good pictures etc.

    AntwortenLöschen